Mandanten-News / Oktober 2021

Liebe Mandanten und Geschäftspartner,

die lange Zeit kritisierte Verzinsung von Steuernachforderungen wurde nun mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 08. Juli 2021 für verfassungswidrig erklärt. Wer dem Finanzamt zeitweise Steuern schuldete und deshalb Zinsen zahlen musste, kann sich freuen. Umgekehrt dürfte aber auch gelten: Wer sich über eine Steuererstattung mit üppiger Verzinsung gefreut hat, müsste möglicherweise etwas zurückzahlen.

Die Karlsruher Richter urteilten, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab 2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5% zugrunde gelegt wird. Die Vollverzinsung von jährlich 6% sei spätestens seit dem Jahr 2014 „evident realitätsfern“, urteilte das Bundesverfassungsgericht. Denn nach dem Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2008 habe sich ein strukturelles Niedrigzinsniveau entwickelt.

Von der Verzinsung erfasst werden dabei nur die abschließend gesetzlich aufgezählten Steuerarten der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Vermögensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer. Der Zinslauf, für den die Zinsen berechnet werden, beginnt grundsätzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Von der Vollverzinsung sind damit lediglich diejenigen Steuerpflichtigen betroffen, deren Steuer erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums nach der Entstehung des Steueranspruchs erstmalig festgesetzt oder geändert wird.

Ausweislich der Stellungnahmen der Bundesregierung in obigem Verfassungsbeschwerdeverfahren betrugen alleine die Einnahmen aus Nachzahlungszinsen für die Steuerarten Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen- und Umsatzsteuer in den Jahren 2009 bis 2017 zwischen 2,9 und 4,1 Milliarden EUR jährlich. Diesen Einnahmen standen Ausgaben für Erstattungszinsen zwischen 2 und 3 Milliarden EUR gegenüber. In diesem Zusammenhang mag es nicht verwundern, dass die erhobenen Zinsen vielfach als „Wucherzinsen“ betitelt wurden, mit denen der Fiskus seine Bürger „abzocke“.

Allerdings muss der Gesetzgeber lediglich für Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2019 und später fallen, „nacharbeiten“ und eine verfassungskonforme Neuregelung finden, sodass für Verzinsungszeiträume, die in das Jahr 2014 bis einschließlich 2018 fallen, trotz Verfassungswidrigkeit keine Abhilfe erfolgen wird. Aber auch für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019 wird nur derjenige einen Nutzen aus der Neuregelung ziehen können, der gegen den Zinsbescheid mit Vorläufigkeitsvermerk Einspruch eingelegt hat. Bestandskräftige Zinsbescheide bleiben in Kraft.

Wie eine Neuregelung und auch eine Über­gangslösung der Finanzverwaltung aussehen wird, bleibt unklar. Auch wird sich erst in dieser Legislaturperiode zeigen, ob die während des Wahlkampfs von der Opposition scharf geübte Kritik an der bisherigen Regierung nicht nur bloße Wahlversprechen bleiben.

Wir wünschen damit allen Lesern eine spannende Lektüre!

Mit freundlichen Grüßen Matthias Braun
Lawyer

Vererben und Verschenken: Steuerliche Vorteile durch rechtzeitige Planung sichern

  • Betriebsveranstaltungen: Gesamtkosten müssen auf Anzahl der tatsächlichen Teilnehmer verteilt werden
  • Unternehmerisches Risiko: Wer Mitarbeiter in ein Coronarisikogebiet schickt, erhält keine quarantänebedingte Entschädigung
  • Ungültige Provisionsvereinbarung: Leiharbeitsfirma geht bei Übernahme von Mitarbeitern leer aus
  • Managementbeteiligung: Veräußerungserlös als Einkünfte aus Kapitalvermögen
  • Bewirtung aus geschäftlichem Anlass: Welche Nachweise für den Betriebsausgabenabzug erforderlich sind
  • Bemessungsgrundlage: Unentgeltliche Wärmeabgabe aus einem Blockheizkraftwerk
  • Privates Veräußerungsgeschäft: Anteiliger Wertzuwachs des häuslichen Arbeitszimmers muss nicht versteuert werden
  • Rentenbesteuerung: Künftigen Rentnerjahrgängen droht bei Altersrenten Doppelbesteuerung
  • Kindergartenbeiträge: Steuerfrei gezahlte Arbeitgeberzuschüsse mindern den Sonderausgabenabzug
  • Kooperationen: Wann und wie können Vereine planmäßig zusammenwirken?   12 Einspruchsstatistik 2020: Finanzämter gaben 66 % der Einsprüche statt

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