Monatsinformation / Juni 2023

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mandanten,

das gemeinsame Projekt der OECD und G20 gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen multinationaler Unternehmen („Base Erosion and Profit Shifting – BEPS“) geht in eine weitere Runde. Das Konzept wurde im Jahr 2012 mit dem Ziel ins Leben gerufen, gegen schädlichen Steuerwettbewerb der Staaten und aggressive Steuerplanungen international tätiger Unternehmen vorzugehen. Hierfür wurden konkrete Empfehlungen in 15 Aktionspunkten erarbeitet und im Herbst 2015 in einem Schlussbericht veröffentlicht. Die in weiten Teilen durch EU-Richtlinien und Transformationen in nationales Recht bereits erfolgten Umsetzungen reichen beispielsweise von Regeln zur Verhinderung von Abkommensmissbrauch, Informationspflichten zu internationalen Steuergestaltungen bis hin zur Konkretisierung von Verrechnungspreisleitlinien und einheitlichen Standards zu Verrechnungspreisdokumentationen.
 
Mit der jüngeren Initiative BEPS 2.0 stellt sich die OECD in der Folge in einem Zwei-Säulen-Projekt („Two-Pillar-Model“) den steuerlichen Herausforderungen der Digitalisierung. Hierbei betrifft die Säule 1 (Pillar one) die Frage nach dem „wo“ und Säule 2 (Pillar two) die Frage nach dem „wie hoch“ der Besteuerung.
 
Säule 1 geht auf den Umstand ein, dass es die zunehmende Digitalisierung Unternehmen ermöglicht, in Staaten wirtschaftlich tätig zu werden, ohne dort physisch präsent zu sein. Hierdurch werden Gewinne zunehmend nicht dort versteuert, wo sie entstehen. Durch Schaffung neuer Anknüpfungspunkte der Besteuerung und neuer Regelungen für die zwischenstaatliche Gewinnverteilung soll dem Rechnung getragen werden. Die konkrete Umsetzung dieser Regeln in nationales Recht ist derzeit noch unübersichtlich.
 
Säule 2 ist eine Antwort auf den schädlichen Steuerwettbewerb der Staaten und auf aggressive Steuerplanungen der Unternehmen. In Folge der Digitalisierung gewinnen immaterielle Wirtschaftsgüter zunehmend an Bedeutung, da sie leicht verlagert und für Steuerplanungszwecke eingesetzt werden können. Durch die Einführung einer Mindestbesteuerung von 15% für große Unternehmensgruppen sollen diesbezüglich die damit verbundenen Steuerausfallrisiken reduziert werden. Hierzu werden Unternehmenseinheiten, die in ausländischen Staaten einer Steuerbelastung von unterhalb von 15% unterliegen, z.B. im Sitzstaat der Konzernmutter, einer zusätzlichen Besteuerung unterworfen.
 
Anstrengungen in Bezug auf Säule 2 wurden gleichfalls auf EU-Ebene unternommen und diesbezüglich am 22.12.2022 die Mindestbesteuerungsrichtlinie – „MinBestRL“ – (EU) 2022/2523 veröffentlicht. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, diese Richtlinie bis zum 31.12.2023 in innerstaatliches Recht umzusetzen. Das Bundesfinanzministerium hat diesbezüglich am 20.03.2023 einen Diskussionsentwurf des „Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes – MinBestRL-UmsG“) auf 242 Seiten veröffentlicht. Die Vorlage eines Referentenentwurfes ist für Juni 2023 geplant.
 
Die Vorschriften des MinBesRL-UmsG sollen für Wirtschaftsjahre gelten, die nach dem 31. Dezember 2023 beginnen. Betroffen sein sollen große Unternehmen oder Unternehmensgruppen mit einem Konzernumsatz von mehr als 750 Millionen EUR. Es ist nicht auszuschließen, dass dieses Größenkriterium in Zukunft – der allgemeinen Entwicklung folgend – angepasst wird, so dass auch international tätige Mittelständler betroffen sein können.
 
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Mevissen
Tax Consultants
Fachberater für Internationales Steuerrecht

Inhalt:

  1. Besteuerung beim Verkauf einer Wohnung: Differenzierung bei „Nutzung zu
    eigenen Wohnzwecken“
  2. Zinsen aus Abzinsung eines ratierlich gezahlten Kaufpreises als Einkünfte aus
    Kapitalvermögen
  3. Keine Drittanfechtung bei Feststellungsbescheiden zum steuerlichen Einlagekonto
  4. Keine Steuerermäßigung für Aufwendungen für ein Hausnotrufsystem ohne Sofort-Hilfe
  5. Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags bei Termingeschäften
  6. Veräußerung eines Miteigentumanteils am Einfamilienhaus anlässlich Ehescheidung als privates Veräußerungsgeschäft steuerbar
  7. Angemietete Räumlichkeiten als fiktives Anlagevermögen – Nur „Produkt“ des Gewerbes entscheidend für Abgrenzung
  8. Kein Abzug „finaler“ ausländischer Betriebsstättenverluste
  9. Bundesrat billigt Smart-Meter-Gesetz
  10. DAC7-Umsetzungsgesetz „Modernisierung der Betriebsprüfung“
  11. WEG: Kein Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung einer Solaranlage auf dem Balkon
  12. Termine Steuern / Sozialversicherung

Haben Sie Fragen zu den Artikeln dieser Ausgabe der Monatsinformation oder zu anderen Themen? Bitte sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.

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