Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mandanten,
in der Neuen Zürcher Zeitung, internationale Ausgabe vom 13.06.2023, erschien ein interessanter Artikel des Soziologen Rainer Zitelmann über Neid, seine Messung und seine Zusammenhänge mit Besteuerung und auch Marktwirtschaft. Neid bedeutet immer, dass der andere etwas hat, was ich nicht habe. Dieses Gefühl lässt sich jedoch doppelt auslegen: Es könnte ein positiver Antrieb sein, um selbst das zu erstreben, was der andere hat. Es könnte aber auch ein negatives Gefühl sein, mit dem man versucht, den anderen dahin hinabzuziehen, wo ich selbst bin.
Zitelmann hat durch das Meinungsforschungsinstitut Ipsos MORI eine Befragung über den Sozialneid in 13 Ländern durchführen lassen. Da Neid in der Regel geleugnet wird, wurden Menschen Fragen vorgelegt, die Indikator für Neid sein können, ohne diesen Begriff zu verwenden. Z.B. wurden Menschen gefragt, ob sie für eine Erhöhung der Steuern für Reiche wären, wenn sie selbst nichts davon hätten. In Polen wurde das von 44 % befürwortet, in Deutschland allerdings von 65 %. Mit einer anderen Frage wurde ermittelt, ob es „Schadenfreude“ gibt, wenn ein Reicher durch riskante Geschäfte viel Geld verliert. Nur 15 % der Polen sagten, das geschehe dem Recht, aber erschreckende 40 % der Deutschen. Eine weitere Frage war, ob hohe Spitzengehälter von Managern reduziert und an die Belegschaft verteilt werden sollten, auch wenn der Einzelne in der Belegschaft wenig davon habe. 23 % der Polen waren dafür, in Deutschland 46 %!
Aus den Ergebnissen dieser Befragung berechnete das Institut einen Sozialneidkoeffizienten. Interessantes Ergebnis: Am höchsten ist er in Frankreich, und dann kommt gleich Deutschland. Am geringsten ausgeprägt ist er in Südkorea, Japan und Polen. Jüngere Ereignisse in Frankreich, aber auch unsere aus meiner Sicht manchmal vielleicht auch neidgetriebene Steuerdebatte in diesem Land verstehe ich jetzt ein bisschen besser.
In einer weiteren Befragung stellte Ipsos MORI Fragen zu Marktwirtschaft und Kapitalismus in 34 Ländern. Länder mit geringem sozialen Neid und einer positiven Einstellung zu Reichtum und Reichen waren zugleich auch die Länder mit einer positiven Einstellung zum Kapitalismus – z.B. Polen, Japan, Südkorea oder die USA. In Ländern mit einem negativen Image der Reichen und einem hohen Neidfaktor ist der Antikapitalismus besonders ausgeprägt. Interessant ist, dass in einem offiziell sozialistischen Land, nämlich Vietnam, das Image der Reichen besonders positiv ist. Motto dort: reiche Menschen, reiches Land (!!!).
Die Befragungsergebnisse bei uns wundern mich nicht wirklich, ein Ergebnis wie in Vietnam sehr wohl. Aber der gemessene Mindset zu Reichtum und Kapitalismus leitet natürlich auch die gesellschaftlichen Diskussionen zur Struktur des Sozialstaats und zu den Steuern.
Jedes Land bekommt die Steuerpolitik, die es sich wünscht…
Mit freundlichen Grüßen
Horst Schaffer
Tax Consultants
Inhalt:
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