Liebe Mandantin, lieber Mandant,
sehr geehrte Damen und Herren,
im Vorwort zum Mandantenbrief letzten Monat hat Ihnen Herr Mevissen die anstehenden Änderungen im Bereich internationales Steuerrecht, insbesondere eine Verschärfung der Vorlagepflichten für Verrechnungspreisdokumentationen, vorgestellt.
Der Gesetzgeber hat in diesem Zuge auch wesentliche Verschärfungen im Verfahrensrecht gemacht. Dies betrifft vor allem Betriebsprüfungen, ihre Abwicklung und ihre Folgen.
Heute dauern Betriebsprüfungen gefühlt ewig. Das liegt meist weniger am Steuerpflichtigen (der möchte das Thema schnell vom Tisch haben), sondern oft an der Betriebsprüfung, die zunächst Termine ansetzt, um Fristen zu wahren, und dann erst mal nichts macht. Anschließend dauert die Auswertung angeforderter und vorgelegter Unterlagen in der Regel äußerst lange. Bis zur Vorlage eines Betriebsprüfungsberichts können Jahre vergehen. Dies ist die Erfahrung aus der Sicht des Beraters.
Neu ist ein Fristablauf nun erstmals an die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung gebunden (§ 171 Abs. 4 Satz 3 AO): Die Festsetzungsfrist endet spätestens fünf Jahre nach der Bekanntgabe.
Neu ist auch der Teilabschluss (§ 180 Abs. 1a AO): Auf Antrag des Steuerpflichtigen soll es möglich sein, im Rahmen einer Betriebsprüfung ermittelte und abgrenzbare Besteuerungsgrundlagen in einem Teilbericht verbindlich festzustellen. Dies dürfte das Verfahren (zum Beispiel, wenn offene Sachverhalte für eine ausländische Betriebsprüfung oder für einen M&A-Deal relevant sind) deutlich beschleunigen.
Soweit die eher positiven Änderungen.
Neu eingeführt wird ein Instrument, um den Steuerpflichtigen zu einer erhöhten Mitwirkung zu bringen (§ 200a AO): Das „qualifizierte Mitwirkungsverlangen“ ist innerhalb einer Frist von einem Monat nach Bekanntgabe zu erfüllen. Bei Verzögerung kann ein Verzögerungsgeld von EUR 75,00 pro Tag festgesetzt werden. Brisant ist der Zuschlag auf das Verzögerungsgeld: Hat der Steuerpflichtige in einem der von der Betriebsprüfung abgehandelten Jahre einen Umsatz von mindestens EUR 12 Mio., beträgt der Zuschlag maximal EUR 25.000,00 pro Kalendertag, und ist maximal für 150 Kalendertage festsetzbar (EUR 3.750.000!).
Heute schon erleben wir in Betriebsprüfungen ausufernde Anfragen der Verwaltung. Antworten werden dann dafür lange liegen gelassen. Wo bleiben die Instrumente für den Steuerpflichtigen, um dieses Liegenlassen durch die Betriebsprüfung zu verhindern und gegen unverhältnismäßig lange Bearbeitungszeiten wie auch unverhältnismäßige Prüferanfragen vorzugehen? Die neue Regelung erscheint äußerst unausgewogen und wirkt letztlich nur zulasten des Steuerpflichtigen.
Weiter gibt es eine neue Anzeige- und Berichtspflicht (§ 153 Abs.4 AO), wenn aufgrund einer Betriebsprüfung unanfechtbare Steuerbescheide vorliegen und diese auch Auswirkungen auf andere Besteuerungsgrundlagen haben. Es wäre (und ist bisher) Aufgabe der Finanzverwaltung, die Folgen dieser Bescheide bei den anderen Steuern auszuwerten – diese Aufgaben der Finanzverwaltung werden jetzt an den Steuerpflichtigen (bzw. kostenpflichtig an seinen Berater) delegiert.
In Zeiten knapper Ressourcen beim Steuerpflichtigen wie auch bei seinem Berater gehen die vorgestellten Änderungen in die falsche Richtung. Wo bleiben die Regelungen, die auch die Betriebsprüfung zu mehr Geschwindigkeit und mehr Verbindlichkeit veranlassen? Anstelle einer Verwaltungsvereinfachung erleben wir hier wieder ein mehr an Staat anstatt das Gegenteil. Als Berater kann man manchmal kaum mehr glauben, aus welcher Partei der Politiker ist, der als Minister an der Spitze des Finanzministeriums sitzt..…
Ich wünsche Ihnen und uns allen ein ganz gutes neues Jahr 2023!
Dr. Horst Schaffer
Wirtschaftsprüfer
Steuerberater
Inhalt:
- Steuerliche Änderungen 2022/2023
- Anpassung von Pauschalen und Freibeträgen
- Abschreibungen im Wohnungsbau
- Photovoltaikanlagen steuerfrei
- Besteuerung von Energie-Entlastungen
- Altersvorsorge
- Immobilienerbe wird teurer
- Steuer-ID: Direkter Auszahlungsweg
- Übergewinnsteuer für Unternehmer
- Preisdeckel für Strom, Gas und Wärme
- Zeitpunkt des Wegfalls eines negativen Kapitalkontos
- Doppelte Haushaltsführung: Keine Berücksichtigung eines separat von der Wohnung angemieteten PKW-Stellplatzes
- Sachbezugswerte 2023
- Unternehmereigenschaft bei planmäßigen An- und Verkauf im Rahmen eines Internethandels
- Ermäßigter Umsatzsteuersatz in Gastronomie und 9,0 % Vorsteuerpauschale für Landwirte zum 1.1.2023
- Auswirkungen der Doppelbesteuerung von Einkünften mit Gewerbe- und Einkommensteuer
- Voraussetzungen für den Übergang zur Außenprüfung bei einer Kassen-Nachschau
- Termine Steuern / Sozialversicherung
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