Liebe Mandanten und Geschäftsfreunde,
besonders, wenn Bundestagswahlen anstehen, kommen immer wieder neue (alte) Ideen zur Steuerpolitik hoch. Eine Partei zeichnet sich regelmäßig dadurch aus, dass sie die Staatseinnahmen dauerhaft und substantiell (und gerecht?) erhöhen will.
Der erste Vorschlag ist, zur Entlastung der „normalen“ Einkommensteuerzahler das obere ein Prozent mehr zu belasten. Würde man dieses eine Prozent der Einkommensteuerzahler um 10 % höher belasten, ergäbe das für alle anderen Steuerpflichtigen eine Entlastung von im Durchschnitt 200 € im Jahr. Das kann man kaum als substantielle Entlastung bezeichnen. Was bei dem Vorschlag nicht berücksichtigt wird, ist, wie viele von diesem einen Prozent sich dann (es passiert schon) von diesem Land abwenden und in diesem Land gar keine Steuern mehr zahlen würden.
Konterkariert wird dieser Vorschlag auch durch die – hausgemachten – Probleme in der Sozialversicherung. Wie vor kurzem berichtet, müssten zur Stabilisierung die Beiträge durch Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze und die Erhöhung des Beitragsprozentsatzes angehoben werden. Dies würde für „normale“ Beitragspflichtige bis zu 300 € mehr im Jahr bedeuten.
Der nächste Vorschlag ist, die Erbschaftsteuer zu erhöhen, insbesondere die Steuerbefreiung bei der Vererbung von Betriebsvermögen abzuschaffen. Damit würde der Staat Einnahmen erzielen, die aus der Substanz der Volkswirtschaft zu bezahlen wären. Nachhaltig ist das nicht. Der Endeffekt wäre, dass noch mehr des deutschen Mittelstandes in den Händen – internationaler – Private-Equity-Gesellschaften landet. Dies scheint für die vorschlagende Partei o. k. zu sein – nur die (Groß-) Industrie scheint in ihrem Fokus zu stehen.
Auch da gilt: Wenn man rechtzeitig auswandert, gibt es zahlreiche Länder, die eben keine Schenkungs- oder Erbschaftsteuer erheben. Voraussetzung ist, dass man (mit den Erben) zehn Jahre weg ist. Österreich ist nah!
Der letzte Vorschlag gilt der Wiedereinführung einer Vermögensteuer. Diese wurde vor vielen Jahren bei uns aus guten Gründen abgeschafft – aufgrund der jeweils neuen Erfordernis, Vermögen jedes Mal neu zu bewerten, ist sie extrem streitanfällig. Was die Erhebung angeht, ergeben sich volkswirtschaftlich höhere Kosten der Erhebung als Erträge aus der Steuer. Und dann gibt es auch noch den sogenannten Halbteilungsgrundsatz des Bundesverfassungsgerichts, das einmal sagte, dass einem Steuerpflichtigen maximal die Hälfte seiner Einkünfte weggenommen werden dürfte. Allerdings ist inzwischen nicht mehr klar, ob das auch für solche Substanzsteuern gilt.
Langfristig kann man nicht mehr „verfressen“ als das, was man erwirtschaftet. Diese Erkenntnis wird wohl bei der nächsten Steuerschätzung schmerzhaft wieder ins Bewusstsein treten. Die Diskussion erinnert mich an einen (uralten) Witz über die Steuerpolitik:
Es waren einmal 10 Männer, die jeden Tag miteinander zum Essen gingen und die Rechnung für alle zusammen betrug jeden Tag genau 100 €. Die Gäste zahlten ihre Rechnung, wie wir unsere Steuern und das sah ungefähr so aus:
Vier Gäste (die Ärmsten) zahlten nichts. Der Fünfte zahlte 1 €. Der Sechste 3 €. Der Siebte 7 €. Der Achte 12 €. Der Neunte 18 €. Der Zehnte (der Reichste) zahlte 59 €.
Das ging eine ganze Zeit lang gut. Jeden Tag kamen sie zum Essen und alle waren zufrieden. Bis der Wirt Unruhe in das Arrangement brachte, indem er vorschlug, den Preis für das Essen um 20 € zu reduzieren. Weil Sie alle so gute Gäste sind! Wie nett von ihm!
Jetzt kostete das Essen für alle 10 Männer nur noch 80 €. Aber die Gruppe wollte unbedingt beibehalten so zu zahlen, wie sie besteuert werden. Dabei änderte sich für die ersten Vier nichts, sie aßen weiterhin umsonst.
Wie sah es aber mit den restlichen Sechs aus? Wie konnten sie 20 € Ersparnis so aufteilen, dass jeder etwas davon hatte?
Die Sechs stellten schnell fest, dass 20 € geteilt durch sechs Zahler 3,33 € ergibt. Aber wenn sie das von den einzelnen Teilen abziehen würden, bekämen der Fünfte und der Sechste noch Geld dafür, dass sie überhaupt zum Essen gehen. Also schlug der Wirt den Gästen vor, dass jeder ungefähr prozentual so viel weniger zahlen sollte, wie er beisteuerte. Er setzte sich also hin und begann das für seine Gäste auszurechnen. Heraus kam Folgendes:
Der fünfte Gast ebenso wie die Vier zahlte ab sofort nichts mehr (100% Ersparnis). Der Sechste zahlte 2 € statt 3 € (33% Ersparnis). Der Siebte zahlte 5 € statt 7 € (28% Ersparnis). Der Achte zahlte 9 € statt 12 € (25% Ersparnis). Der Neunte zahlte 14 € statt 18 € (22 % Ersparnis). Der Zehnte (der Reichste) zahlte 49 € statt 59 € (16% Ersparnis).
Jeder der Sechs kam günstiger weg als vorher und die ersten Vier aßen immer noch kostenlos. Aber als sie vor der Wirtschaft noch einmal nachrechneten, war das alles doch nicht so ideal, wie sie dachten. „Ich habe nur 1 € von den 20 € bekommen!“, sagte der Sechste und zeigte auf den Zehnten, den Reichen, aber er kriegt 10 €!“ „Stimmt“, rief der Fünfte. „Ich habe nur 1 € gespart und er spart sich zehnmal so viel wie ich.“ „Wie wahr!“, rief der Siebte. „Warum kriegt der 10 € zurück und ich nur 2 €? Alles kriegen mal wieder die Reichen!“ „Moment mal“, riefen da die ersten Vier aus einem Munde: „Wir haben überhaupt nichts bekommen! Das System beutet die Ärmsten aus!“ Und wie aus heiterem Himmel gingen die Neun gemeinsam auf den Zehnten los und verprügelten ihn.
Am nächsten Tag tauchte der zehnte Gast nicht zum Essen auf. Also setzten die übrigen Neun sich zusammen und aßen ohne ihn. Aber als es an der Zeit war, die Rechnung zu bezahlen, stellten sie etwas Außerordentliches fest: Alle zusammen hatten nicht genügend Geld, um auch nur die Hälfte der Rechnung bezahlen zu können.
Und so funktioniert unser Steuersystem. Die Menschen, die hier die höchsten Steuern zahlen, haben die größten Vorteile einer Steuererleichterung. Wenn sie aber zu viel zahlen müssen, kann es passieren, dass sie einfach nicht mehr am Tisch erscheinen. In der Schweiz und in der Karibik gibt es auch ganz tolle Restaurants….
Ich wünsche Ihnen eine schöne Herbstzeit!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Horst Schaffer
Diplom-Kaufmann
Wirtschaftsprüfer & Steuerberater
Inhalt:
- Kein Abzug von Aufwendungen von Handwerkerleistungen bei geleisteter Vorauszahlung, wenn diese im Veranlagungszeitraum vor Ausführung der Handwerkerleistungen erbracht wird
- Steuerermäßigung für Erneuerung einer Heizungsanlage nur nach Montage und vollständiger Überweisung des Rechnungsbetrags
- Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte: Tatsächlich benutzte längere Fahrtstrecke als offensichtlich verkehrsgünstigere Fahrstrecke
- Für „Milchersatzprodukte“ pflanzlichen Ursprungs kein ermäßigter Umsatzsteuersatz
- Autohaus in Planungsphase: Kein Vorsteuerabzug für Erwerb eines Supersportwagens als Ausstellungsstück
- Bei Lieferung von Mieterstrom zum Vorsteuerabzug berechtigt
- Forderungsverzicht zwischen Gesellschaftern einer GmbH ohne angemessenen Wertausgleich als freigebige Zuwendung
- Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer: Einbeziehung der auf verkauftem Waldgrundstück aufstehenden Bäume
- Referentenentwurf eines E-Fuels-only-Gesetzes
- Entwurf einer Bürokratieentlastungsverordnung
- Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten: Verschiebung des Geltungsbeginns um ein Jahr
- Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen zur E-Rechnung veröffentlicht
- Termine Steuern / Sozialversicherung
Haben Sie Fragen zu den Artikeln dieser Ausgabe der Monatsinformation oder zu anderen Themen?
Bitte sprechen Sie uns an. Wir beraten Sie gerne.