Liebe Mandanten und Geschäftsfreunde,
der Herbst steht vor der Tür – eine Jahreszeit des Wandels, die uns daran erinnert, wie wichtig Anpassung und Erneuerung sind. In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten stehen Unternehmen oft vor der schwierigen Aufgabe, ihre Strukturen anzupassen und Mitarbeiterzahlen zu reduzieren. Neben klassischen Instrumenten gewinnen dabei Freiwilligenprogramme zunehmend an Bedeutung, da sie einen sozialverträglicheren Weg eröffnen und den Interessen sowohl der Unternehmen als auch der Beschäftigten gerecht werden können. Diese Form der Restrukturierung bietet Chancen, Konflikte zu vermeiden und nachhaltige Lösungen zu schaffen.
Der Personalabbau in Phasen der Restrukturierung kann aus meiner Sicht entweder über betriebsbedingte Kündigungen oder Freiwilligenprogramme erfolgen. Als Freiwilligenprogramm (FWP) wird dabei ein Instrument des Personalabbaus bezeichnet, bei dem Arbeitgeber Mitarbeitern freiwillige Angebote zum Ausscheiden aus dem Unternehmen unterbreiten, meist in Form von Aufhebungsverträgen mit Abfindungen, Vorruhestandsregelungen oder Altersteilzeitlösungen. Arbeitgebende treten dabei an die gesamte Belegschaft, bestimmte Mitarbeitergruppen oder auch nur einzelne ausgewählte Mitarbeiter*innen heran, um mit ihnen einvernehmliche Lösungen zu erzielen. Ziel ist es, passgenaue Mitarbeiterreduzierungen zu erreichen und betriebsbedingte Kündigungen und die damit verbundenen Prozessrisiken zu vermeiden sowie einen sozialverträglichen Stellenabbau zu ermöglichen, wobei sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber in den Abschluss einwilligen müssen. Der programmatische Ansatz liegt darin, dass die Konditionen allgemeingültig und im Vorhinein festgelegt und kommuniziert sind. Langwierige Verhandlung mit dem einzelnen Arbeitnehmer oder dem Betriebsrat entfallen.
Die Gestaltungsmöglichkeiten in Bezug auf den zeitlichen Beginn, den teilnahmeberechtigten Kreis an Mitarbeitern, die Konditionen des Ausscheidens (z. B. Abfindung und Nebenleistungen) und das Verfahren sind groß. Auch lauern hier zahlreiche Fallen, die in der Praxis vermieden werden sollten.
Ein Freiwilligenprogramm als solches unterfällt zwar keinem erzwingbaren Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nach § 87 BetrVG. Insbesondere sind die Regelungen zur Festlegung der Abfindung keine Fragen der betrieblichen Lohngestaltung i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Unterrichtungs- und Beratungsrechte des Betriebsrats bei der Personalplanung (§ 92 BetrVG) sind jedoch einschlägig.
Äußerst praxisrelevant sind dagegen Fragen der Massenentlassung und der Betriebsänderung. Erreicht das Freiwilligenprogramm die Schwellenwerte des § 17 KSchG, kann dies eine Pflicht zur vorherigen Stellung einer sogenannten Massenentlassungsanzeige und Durchführung eines Konsultationsverfahrens auslösen. Denn auch Aufhebungsverträge sind von den Massenentlassungsvorschriften erfasst, wenn sie vom Arbeitgeber veranlasst sind.
Ferner sollte vermieden werden, dass durch die Festlegung von zu attraktiven Konditionen mehr Arbeitsverhältnisse beendet werden als betrieblich vertretbar ist. Die Begrenzung der Teilnehmerzahl am Freiwilligenprogramm kann zum Beispiel durch das „Windhundprinzip“ gelingen. Hierbei gilt das Motto „First come, first served“. Die Teilnahme am Freiwilligenprogramm wird dabei beispielsweise auf die ersten 30/50/100/200 Arbeitnehmer beschränkt, die sich melden. Eine solche Regelung bewirkt gleichzeitig einen gewissen zeitlichen Druck bei den angesprochenen Arbeitnehmern.
Schließlich basiert das Freiwilligenprogramm auf dem Prinzip der „Doppelten Freiwilligkeit“. Demnach müssen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer freiwillig dem Aufhebungsvertrag zustimmen und keine Partei ist dabei zum Abschluss verpflichtet. Erst wenn beide Parteien freiwillig zustimmen, ist der Aufhebungsvertrag gültig.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Freiwilligenprogramme ein probates Mittel zum Personalabbau sind. Ich halte auch im Hinblick auf die Reputation eines Unternehmens in der Öffentlichkeit und für die Stimmung innerhalb der Belegschaft Freiwilligenprogramme für vorteilhaft. So werden diese – so meine Erfahrung – aufgrund des Prinzips der Freiwilligkeit als besonders sozialverträglich wahrgenommen und stoßen daher im Vergleich zu betriebsbedingten Kündigungen auf eine weitaus breitere Akzeptanz.
Sollten Sie darüber nachdenken, Ihr Unternehmen zu restrukturieren und dabei Freiwilligenprogramme in Betracht ziehen, stehen wir für Rückfragen und etwaige Beratungsleistungen jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Sophia Schmid
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht.
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